Microsoft Surface mit Windows RT
(05.11.2012 08:00 CET)
Microsoft und die Tablets… eine unendliche Geschichte. Böse formuliert hatte der Redmonder Softwareriese den Trend einfach verschlafen… was sicherlich auch daran lag, dass Windows seit jeher auf die Bedienung mit einer Maus – und damit deutlich präzisere Steuerung als durch einen Finger – ausgelegt war. Die erste Welle der Tablet PCs (unter anderem mit dem Compaq TC1000), die noch mit Windows XP und dem „Touch Optimization Pack“ lief ist beinahe eine Dekade vorbei, und seit dem lag das Thema brach.
An der professionellen Nutzung vorbei war es das Apple iPad, dass Tablets wieder ins Licht der Öffentlichkeit brachte, Samsung, HTC und andere zogen dann mit Android-Tablets nach. Mittlerweile ist man es gewöhnt, in Meetings, in der Bahn, auf der Couch, quasi überall Tablets zu begegnen und die wichtigsten Tätigkeiten unterwegs ausführen zu können. Windows allerdings suchte man bisher allerdings immer noch größtenteils vergeblich auf diesen Geräten, geschuldet immer noch der hakeligen Bedienung, den kleinen Elementen auf dem Bildschirm, kurz: der fehlenden Optimierung des Systems für Touch.
Mit Windows 8 hat sich Microsoft deutlich vom bisherigen Look and Feel von Windows abgewandt, zumindest vordergründig: Die „Metro“-Oberfläche (deren Name auf Grund des Einwandes des deutschen Metro-Konzerns angepasst werden musste) orientiert sich an der von Windows Phone, konsolidiert den Zugang zu Programmen (auch auf dem PC jetzt „Apps“ genannt) und Informationen über neue Elemente dieser Programme in großen, Finger-treffbaren Kacheln. Wenn das nicht fingerbedienbar ist, dann weiß ich es nicht.
Um den Tablet-Markt selbstgesteuert anzugehen, hatte Microsoft vor einigen Wochen die „Surface“-Reihe vorgestellt, eigene Tablets, die in der ersten Version mit Windows RT (siehe unten), in einer Pro-Variante dann Anfang 2013 auch mit „normalen“ Prozessoren angeboten werden.
Die Geräte können hier direkt im Microsoft Store versandkostenfrei und mit - so mitbestellt - deutscher Tastatur und in jedem Fall deutschem Windows bestellt werden. Die günstigste Version hat 32GB und kein Touch Cover (die Kombination aus Schutzhülle und Folientastatur) und liegt bei EUR 479,-, die 32GB-Version inkl. Touch Cover (in Schwarz, Weiss oder Blau) liegt dann bei EUR 579,- und die 64GB-Version mit Touch Cover bei EUR 679,- Das Touch Cover lässt sich auch separat für EUR 119,99 erwerben, die schwerere, einer echten Tasatur ähnlichere Variante "Type Cover" kann zusätzlich für EUR 129,99 bestellt werden.
Windows RT hat die Eigenart, dass zwar bis hin zum Explorer für den Anwender kaum ersichtlich ist, dass es sich um eine spezielle Windows-Version handelt, Apps aber nur über den Windows Store heruntergeladen weren können (normale Anwendungen sind nicht für die ARM-Architektur geeignet). Dafür gibt es eine Vorab-Version von Office 2013 RT dabei, die später automatisch per Update auf die finale Version angepasst wird.
Klare Zielrichtung der Windows RT-Geräte: Eine Alternative zu den anderen Tablet-Systemen schaffen, die dem Benutzer seine gewohnte Umgebung bietet. Die Tatsache, dass keine Standard-Programme vom „großen Windows“ installiert werden können, provoziert natürlich die Frage, warum man dann ein Windows-Gerät nehmen sollte. Die Antwort ist relativ einfach: Weil es sich bei Windows RT um ein „echtes Windows“ handelt. Das bedeutet: viel freieren Zugriff auf das System und die Ressourcen, Verwendung von Standard-USB-Geräten, deutlich größere Softwareausstattung ab Werk, die Möglichkeit der problemlosen Einbindung in bestehende Infrastrukturen… etc.
Eines steht fest: Die Verarbeitungsqualität des Gerätes muss sich nicht vor irgendeiner Konkurrenz verstecken. Das VaporMG- (Magenesium-) Gehäuse liegt kühl und wertig in der Hand, der ausklappbare Ständer hinten am Gerät liegt bei normaler Benutzung flach und fest an, sodass man ihn gar nicht bemerkt. Ausgeklappt sorgt er dafür, dass der Surface sicher auf dem Tisch steht und der Benutzer in Ruhe ein Video anschauen kann oder seine Nachrichten betrachten kann. Auch das "Touch Cover", eine nur Millimeter dünne Folientastatur mit Touchpad, die gleichzeitig als Bildschirmschutz dient, ist von hervorragender Quaität.
Sicherlich einer der zu beachtenden Punkte: Das 1366*768 auflösende Display im Seitenverhältnis 16:9 erfüllt die Mindestbedingungen für Windows 8, in dem es auch zwei Programme nebeneinander erlaubt. Allerdings sollte man eines beachten: Das Gerät ist damit flach und breit und damit ist das Halten in einer Hand im Querformat durch den weiter aussen liegenden Schwerpunkt durchaus eine Herausforderung. Ein iPad/Samsung Galaxy Tab lässt sich einfacher halten. Vorteil der Auflösung: Filme lassen sich optimal und ohne schwarze Balken anschauen.
Apropos Display: Schärfe, Kontrast, die automatische Helligkeitsanpassung machen es zu einem Augenschmaus, auf dem Bücher, Internetseiten, Fotos, Spiele wunderbar aussehen. Natürlich hat es eine geringere Pixeldichte als das iPad 3/4 mit seinem Retina-Display, aber eines sollte man dabei beachten: Apple stellt im Standard 1024*768 Punkte dar... nutzt nur pro dargestellten Bildpunkt vier Pixel. Soll heissen: Das Bild mag zwar feiner sein, im System stehen dem Surface aber mehr Bildpunkte zur Verfügung... und das merkt man deutlich.
Die meisten Anwender, das zeigen die Informationen über Bestellungen, die Microsoft bisher verlautbart hat, nehmen die 32GB-Version des Gerätes. Das kann sich, muss sich aber nicht als fatal erweisen: Knapp 12 GB davon (!) schluckt bereits Windows RT, und das macht den verfügbaren Speicher schon relativ knapp. Das Surface hat allerdings einen micro-SD-Karten-Slot, der mit bis zu 64GB bestückt werden kann. Eines allerdings funktioniert nicht so einfach: Das Verlagern der Bibliotheken (Musik, Videos, Dokumente, Bilder) auf die SD-Karte, das System meckert dann, dass der Speicher auf einem externen Datenträger läge. Dazu habe ich hier ein Verfahren zusammengeschrieben, dass Abhilfe schafft.
Warum aber nun ein Windows RT-Gerät, dessen Softwareangebot bei gerade mal über 5000 Apps beträgt, einem Android- oder Apple-Tablet vorziehen? Ganz einfach: Weil Windows RT immer noch ein "echtes Windows" ist. Mit einem Desktop, mit einer Systemsteuerung, mit der Anbindung an Freigaben, Drucker und vieles andere mehr, was in einer PC-Infrastruktur vorhanden ist. Für Freigaben übrigens muss einmal in der Diensteverwaltung der Dienst "Server" auf automatischen Start gesetzt werden, denn dieser ist im Lieferzustand gestoppt. "Diensteverwaltung"? Eben: Ein echtes Windows.
Natürlich ist die Kacheloberfläche viel fingerbedienbarer als der Desktop-Modus, in dem man - je tiefer man in das System absteigt - das eine oder andere Mal seeeeehr genau zielen muss oder doch eine Maus zuhilfe nimmt.
Und welches System bietet einen vollwertigen USB-Port, mit dem alle mögliche Hardware angeschlossen werden kann (vorausgesetzt, dass der Treiber von Windows RT selbst geladen werden kann, denn .exe-Installer lassen sich nicht starten).
Die klassische Argumentation, dass man ein Windows-Gerät eh nicht unterwegs nutzen kann, weil es nach vier Stunden schlappmacht, ist beim Surface ebenfalls hinfällig: zwischen 8 und 10 Stunden hat es in den drei Ladezyklen dieses Tests durchgehalten... und das ist für ein Windows-Gerät, noch dazu in so kleinem Formfaktor, ein Rekord.
Keine Frage: Bei der Anschaffung sollte man wissen, dass "normale PC-Programme" nicht laufen, sondern Apps für den ARM-Prozessor des Surface nur im Windows Store zu bekommen sind. Allerdings sind - zumindest für mich - nur wenige Wünsche offen geblieben (eine eigene Facebook-App, eWallet GO). Kindle zum Lesen meiner Bücher und sogar die Spiegel-App, um das Magazin elektronisch zu lesen sind vorhanden, und Windows RT hat einfach viel mehr an Apps bereits fest mit im System verankert und damit direkt mit an Bord.
Hinzu kommt, dass die Zahl der Apps mit zunehmender Verbreitung des Surface und anderer Geräte mit Windows RT immer weiter zunehmen wird... und die vereinfachte Portierung von Windows Phone 8 und Windows 8/RT-Apps wird ihr Übriges dazutun.
Preis:
Ab EUR 479,- exklusiv im Microsoft Store.
Fazit:
Ich gebe zu, ich war skeptisch. Nicht, dass ein Surface nicht einem iPad Paroli bieten könne, der Windows Store hat bereits eine ganze Mengo toller Apps, und was nützen eine Million Apps, wenn davon 70% doppelt oder untauglich sind. Nein, meine Skepsis bezog sich darauf, ob Windows RT nicht genau zwischen alle Stühle rutschen würde, kein "bequemer Tablet" und kein "echter PC". Und genau das ist nicht passiert: Windows 8 und RT sind in der Kacheloberfläche (wie auch schon Windows Phone) von der Bedienbarkeit für mich ohne Konkurrenz, und wenn man mehr machen will oder muss, dann steht der Desktop-Modus mit nur marginalen Einschränkungen zur Verfügung. Das Ganze ultraportabel und haptisch überragend: Was will man mehr?
Wer mit seinem Tablet allerdings Standard-PC-Programme ausführen muss oder in eine Domäne eingebunden werden will, der sollte auf Januar 2013 warten, wenn mit dem Surface Pro eine X86-basierte Version auf den Markt kommt.
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